Stufen der Schöpfung

Von den Atomen als chemischen Elementarteilchen, von deren chemischem wie physikalischem Zusammenschluss zur Mineralwelt, von hier ausgehend ergibt sich über die Pflanzen- und die Tierwelt hinweg ein Bewusstseinsanstieg aufwärts zur Menschheit und dort über den Trieb-, Verstandes- und Vernunftmenschen bis hinauf zum Geist- und Gottmenschen.

Atomen Bewusstsein zugestehen, seltsam! Zum Tiefenverständnis der Schöpfung allerdings ratsam. Gehen Sauerstoff- und Wasserstoff-Atome zueinander wissentlich eine enge Bindung ein? Schaffen in chemischem wie molekularem Einvernehmen bewusst das Lebenselixier Wasser? Wohnt ihnen denn schöpferische Gotteskraft inne? Ein göttlicher Bewusstseins-Funke?

Im Grunde geht es hier doch um Höherentwicklung von atomar winziger Bewusstheit empor zu gottmenschlichem Allbewusstsein, auf welches Jesus hinweist, wenn er seine Jünger auffordert, vollkommen zu sein, wie ihr himmlischer Vater vollkommen ist, wie auch er, den Evangelien zufolge, sich selbst eins mit dem Vater erklärt.

Atome lassen sich als eigenständige Gedanken Gottes verstehen, als Gott-selbst-Ideen, die über unvorstellbare Entwicklungen hinweg die Schöpfung durchlaufen, bis sie im Menschenreich Individualisierung erfahren. Die individualisierte Gottselbstidee, der einzelne Mensch beginnt nun Inkarnation um Inkarnation seine oben erwähnten Bewusstseins-Stufen zu erklimmen bis hinauf zur Einheit mit Gott, zur Gottwesensgleichheit.

Wir alle werden als Trieb-Mensch geboren. Im Kleinkindalter ist triebgesteuertes Verhalten eben naturgesetzlich bedingt und überlebensnotwendig. Prägen aber maßlose Leidenschaften und Begierden das Erwachsenenalter, dann handelt es sich um unsere erste Evolutionsstufe, um einen engen auf Triebbefriedigung und Genuss ausgerichteten Bewusstseins-Horizont.

Was den Verstandes-Menschen als unsere zweite Evolutionsstufe betrifft, so begegnen uns dort Besitzerwerb und Besitzerhalt als vorrangiger Lebensinhalt. Im Extremfall erliegen wir hier zügelloser Habgier, verfallen der Illusion grenzenlosen Wachstums, Inbegriff der aktuellen Finanz- und Wirtschaftswelt. Wahnbesessen betreiben wir dann hartnäckig, regional wie global, Besitzmehrung auf Kosten von Gemeinwohl und Umwelt.

Auf die Stufe des Vernunft-Menschen gelangen wir, wenn wir unsere Lebensräume als Netzwerke erfassen, Zusammenhänge der Schöpfung ergründen und klärend eingreifen. Ein besserwissender Einsatz, der oft in Machtgier und Regelungswahn ausartet, im Gemeinwesen zu einem Wust von Verordnungen und Gesetzen führt und sich als freiheitsfeindlich erweist.

Trieb, Verstand, Vernunft bzw. Genuss, Besitz, Macht, d.h. Kultur nutzen, erhalten oder fördern: drei erste Entwicklungs-Stufen des Menschen sowie deren Kriterien. Die Übergänge von Reifegrad zu Reifegrad sind fließend, weshalb konkrete Kennzeichnung als Trieb-, Verstandes- oder Vernunftmensch stets überdacht sein will.

Bereits das Buch Dzyan, das laut anglo-indischer Theosophie zu den ältesten Geistesdokumenten der Menschheit zählt, berichtet in seinem Teil III, der sogenannten Theogenesis, in mystischer Sprache von der Gottwerdung des Menschen, und zwar nach Abhandlung der zwei Themen Kosmogenesis und Anthropogenesis. (Weltwerdung / Menschwerdung)

Auch die weitaus jüngeren Evangelien widmen sich, ebenfalls in mystischer Versiegelung, dem Thema Gottwerdung. Während die christliche Kirche, die vorwiegend nach dem groben Wortsinn geht, Gottwesensgleichheit nur dem biblischen Jesus zugesteht und daraus ihr unsittliches Stellvertreter-Dogma der Erlösung durch Fremdleiden schafft, weiß christliche Mystik dagegen um den eigenen Aufstieg hinauf zum Geist- und Gottmenschen.

„Ich muss Maria sein und Gott aus mir gebären,
soll er mich ewiglich der Seligkeit gewähren.“

So im 17. Jh. der christliche Mystiker Angelus Silesius in seinem Cherubinischen Wandersmann. Ob Frau oder Mann, wir als einzelner Mensch demnach potenziell die Mutter Gottes? Und später auch die Reine Jungfrau, nachdem überwunden irdisches Haften an Genuss, Besitz und Macht?

Ob Freude oder Leid, wenn wir in allem Geschehen, das uns widerfährt, sehen befruchtendes „Wehen“ des Heiligen Geistes, dann erleben wir die einzelnen Ereignisse als Zeichen geistiger Schwangerschaft, als „Wehen“ sich bereitender Sohnesgeburt, in welcher Inkarnation auch immer der geistmenschliche Gnadenaufstieg erfolgen mag. Ihn fasst die Mystik in die drei Schritte Reinigung, Erleuchtung, Vereinigung.

Geistig neugeboren von Gottes Gnaden wird der Mensch mit Leichtigkeit fallen, so das erwähnte Buch Dzyan, in den höchsten Zustand von Bewusstheit, Wille und Kraft, von All-Bewusstsein, All-Liebe und All-Leben. Ermangelte es der Schöpfung an den persönlichen Vollendungsstufen von Geist- und Gottmensch, sie bliebe Stückwerk, es fehlte ihr die Krone. 

Auch wenn für uns beide, Gabriele und Dietrich, uneingeschränktes Dienen und sich Opfern, das Wesen des Sohnes, d.h. die Krönung irdischen Daseins in weiter Ferne liegt, so wurde dank Vorbild und mystischem Geistesgut das hier dargebotene Bild von der Schöpfung uns doch zur Gewissheit, wie bruchstückhaft und entstellt die Überlieferungen mittlerweile auch sind.

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